Pressegespräch am 12.9.2022 im Vorfeld der Tiroler Landtagswahl mit Georg Willeit, Gabriela Ebner-Rangger und Ludwig Plangger.
Mehr Aufmerksamkeit von wahlwerbenden Parteien für Anliegen aus dem Behindertenbereich fordert die argeSODiT. Die künftige Landesregierung muss bei den brennenden Themen Teuerung, Personalmangel und Bedarfsplanung rasch ins Handeln kommen.
„Wir sind viele!“ betont argeSODiT-Obmann Ludwig Plangger (MOHI Tirol) beim heutigen Pressegespräch des Dachverbands anlässlich der anstehenden Tiroler Landtagswahlen. „Allein die argeSODiT-Mitglieder begleiten in Summe 10.000 Klient_innen und beschäftigten über 3.500 Mitarbeiter_innen. Wenn wir noch die tausenden Angehörigen und weitere Unterstützungssysteme dazurechnen, ist das eine sehr große Gruppe an Menschen und auch Wähler_innen. Das ist nicht nichts!“.
Trotz dieses großen Personenkreises sind existentielle Anliegen im aktuellen Wahlkampf zu wenig präsent. Der dringliche Appell an alle wahlwerbenden Parteien und die zukünftige Landesregierung: die Behindertenarbeit muss im Land strukturell stärker verankert und in allen Bereichen konsequent mitgedacht werden.
Bei den akuten Brennpunkten Teuerung sowie Personalmangel erwarte man sich umgehend nach der Regierungsbildung erste Schritte.
Georg Willeit, Vorstandsmitglied der argeSODiT und Geschäftsführer der Lebenshilfe Tirol: „Wir erbringen unsere Leistungen im Auftrag des Landes. Wenn die Tarife unsere Kosten nicht mehr decken und an allen Ecken Personal fehlt, müssen wir Angebote zurückfahren oder einstellen und laufen Gefahr, das Recht auf Teilhabe von Menschen mit Behinderungen einzuschränken.“ In manchen Leistungsbereichen passiere das bereits. Die Folgen gehen zu Lasten der Klient_innen. Angehörige und Mitarbeiter_innen sind überlastet.
Die argeSODiT präsentierte in ihrem Pressegespräch eine Reihe konkreter Forderungen an die Politik. So müsste die massive Teuerung in den Tarifen berücksichtigt und eine barrierefreie Beratungsoffensive über Zuschüsse gestartet werden. Eine Task Force zum Personalmangel im Sozialbereich soll eingerichtet und die Professionen der Behindertenarbeit in Liste der Mangelberufe aufgenommen werden.
Zudem muss der Bedarfs- und Entwicklungsplan für die Tiroler Behindertenhilfe in die Gänge kommen, ausgestattet mit ausreichend finanziellen und personellen Ressourcen in der Beamtenschaft. Dazu hat sich die Landesregierung bereits 2017 im Tiroler Teilhabegesetz §44 selbst verpflichtet. Passiert ist seitdem wenig.
„Es gibt in Tirol keine zentrale Meldestelle, bei denen nicht gedeckte Bedarfe von Menschen mit Behinderungen und psychischen Erkrankungen gesammelt werden und keine systematische Erfassung von Angebotslücken. Nur Wartelisten bei den Organisationen selbst – und die sind lang!“ führt Gabriela Ebner-Rangger, Geschäftsführerin des argeSODiT-Mitglieds IWO, aus.
Zu wenig Angebot gibt es etwa in allen Wohnbereichen, bei Angeboten für Menschen mit hohem Unterstützungsbedarf und in der psychiatrischen Versorgung. Ein Beispiel aus einer Organisation: auf der Warteliste für betreutes Wohnen im Bereich Sozialpsychiatrie standen 2017 sechs Personen. Aktuell sind es 60.
Ludwig Plangger: „Klient_innen werden von uns über Jahrzehnte, oft ein Leben lang, bei Bedarf sieben Tage die Woche und rund um die Uhr begleitet. Es geht um die Lebens-Qualität unserer Klient_innen im wahrsten Sinne des Wortes und um ihre Rechte. Das ist kein Randthema.“
Die 32 Mitgliedsorganisationen der argeSODiT bieten Leistungen für Menschen mit Behinderungen und psychischen Beeinträchtigungen in ganz Tirol an: mobile Angebote, Wohn- und Arbeitsprojekte, Leistungen für Kinder und Jugendliche, sozialpsychiatrische Angebote und vieles mehr.